Die Frau von heute weiß viel zu nehmen, sie versteht viel aus sich und ihrer bloßen Natur einen regelrechten „Kult“ machen zu lassen, Vorteile für sich zu ziehen und selbst ihre vermeintlichen Gefälligkeiten, ihr „Geben“ in Bezug auf etwas oder jemand anderes, entstammen nicht annähernd aus einer für die Frau wahrhaft erstrebenswerten Möglichkeit, einer überpersönlichen Hingabe wie einer beseligenden Sehnsucht und aus einem Glauben heraus an ein geistig höheres, ganz für sich stehendes und von ihr unabhängiges Wesen und Sein, dem sie in unsäglicher Liebe ihr Leben lang begegnet und sich verspricht, sie wurden auf der einfachen sozial-gesellschaftlichen Ebene generationsübergreifend von vorwiegend ebenso niederen Frauennaturen übernommen und weitergegeben.
Anstatt zerstörerisch herabzuziehen, zieht z. B. die jüngste Tochter des Meerkönigs aus dem Klassiker „Die kleine Seejungfrau“ den Geliebten aus dem Wasser heraus und rettet sein Leben; sie handelt nicht gemäß, sondern bewusst gegen ihre Natur, ganz im Sinne eines Menschenlebens und Trägers einer „Unsterblichkeit der Seele“, die eine ergreifende Liebe in der kleinen Wassernymphe zu der Menschenwelt da oben auslöste, da sie selbst keine besaß trotz ihrer langen Lebensjahre: „300 Jahre will ich geben, um nur einen Tag ein Mensch zu sein und Teil zu haben an der himmlischen Welt“, „Sie kannte keine größere Freude, als von der Menschenwelt über ihr zu hören“, „Keine war so sehnsuchtsvoll“, „Mehr und mehr begann sie die Menschen zu lieben“... Um bei diesem einen geliebten Menschen sein zu dürfen, verlässt sie, mit dem Wissen selbst nie ein vollkommener Mensch werden zu können, ihr Zuhause und Familie, gibt ihre Fähigkeit zu sprechen – die Stimme – auf und handelt nun nicht nur gegen ihre Natur, sie gibt diese endgültig auf und tauscht ihre Flossen gegen Menschenbeine ein, die ihr mit jedem einzelnen Schritt Schmerzen bereiten. Das kleine Wesen nimmt alles auf sich und opfert für das Menschentum und für dessen „Ewigkeit der Seele“ letztlich ihr ganzes Leben.
Es gibt bemerkenswerte Berichte von Reisenden über speziell ausgebildete, junge Berber Frauen, die weinten und sich entschuldigten, wenn sie es schafften durch die befohlene Aufbietung die Aufmerksamkeit der Männer auf sich zu lenken, da diese Männer sich in einem sakralen Rahmen zu beherrschen hatten und die Frauen es ganz offensichtlich zutiefst würdigten. Wie kann man in Anbetracht dessen überhaupt noch irgendeinen Vergleich zu der heutigen Frauenwelt ziehen?
Aber all das ist für die moderne, aufgeklärte Frau nur eine „religiöse Indoktrination“, ein unbedeutendes Märchen für kleine Mädchen und nicht für „selbstbewusste, starke Frauen“. Die tiefgreifende, lebendige Natur der Liebe und des Opfers dahinter begreift sie nicht. Für sie zählt das nimmersatte, eigene „Ich“.