Wer wirklich tief geblickt hat, kommt nicht auf die Idee, sich selbst bewusst in Szene zu setzen. Das machen nur diejenigen, die es auf gewisser Ebene noch bitternötig haben. Beispiel: Frauen, die schlecht über narzisstische Männer sprechen, wobei sie betonen, dass sie inzwischen immun sind und auf die Masche von toxischen Menschen nicht mehr hereinfallen würden. Und kaum betritt ein Narzisst die Bildfläche, zack, fangen diese Weiber an zu tänzeln und die Aufmerksamkeit des Narzissten erregen zu wollen. An dieser Stelle ein paar herzliche Worte von mir: Fühlt euch gesehen und vollkommen durchschaut. Ihr habt ein Aufmerksamkeitsdefizit und ertragt nicht, dass ihr für Menschen, die ihr beeindrucken wollt, komplett unwichtig seid. Fühlt euch erneut verstanden. Ihr giert noch sehr nach Bestätigung. Um tief blicken zu können, braucht es allerdings Ehrlichkeit, anderen und sich selbst gegenüber.
Wer bereit ist, die Wahrheit zu blicken, der ist auch bereit, die eigenen Befindlichkeiten vorübergehend in den Hintergrund zu rücken, in dem Wissen, dass sie es sind, die die Sicht auf die Wahrheit blockieren.
Und das tut weh, weil man das Gefühl hat, man müsse einen Teil seiner selbst loslassen. Danach ist nichts mehr wie vorher. Diejenigen, die dem Weg der Wahrheit folgen, reden nicht groß darüber, aber sie erkennen einander an der "Sprache" und an der Energie, die zwischen den Zeilen und dem Augenblicken schwingt. Niemand kann das nachahmen, weil jeder Versuch, Wahrhaftigkeit zu kopieren, ein Schuss ins eigene Knie ist, der von authentischen Menschen maximal belächelt wird, so wie ein Kind belächelt wird, dass in die viel zu großen Schuhe seiner Eltern steigt und Erwachsener spielt.
Echten Menschen muss man nicht beibringen, "gut" zu sein. Vielmehr müssen sie begreifen, dass nicht jeder Mensch menschlich agiert. Wenn sie das destruktiv Wirkende nicht blicken, sondern ausblenden, dann machen sie sich etwas vor und leben eine unrealistische Vorstellung, ein Betriebsprogramm. Und dieses Kunstprodukt entartet irgendwann. Pinocchio muss bereit sein, ein echter Mensch zu werden. Mit allem, was dazu gehört. Mit allen Gefühlen, auch den unliebsamen. Die Leute, die sich gegenseitig mit Honig einbalsamieren,, haben sich selbst beide Augen ausgestochen, um in Ruhe eine Lüge leben zu können. Ihr scheinheilger innerer Frieden ist ihnen wichtiger als die Wahrheit. Jeder trifft irgendwann eine Wahl, ob es ihm bewusst ist oder nicht, spielt keine Rolle. Und dennoch ist der menschliche Wille nicht der eigentliche Wahrheitsfinder, das scheint nur so. Der Wille umfasst Vorlieben und Abneigungen, kurzum Widerstand gegen das, was unseren inneren Frieden belasten würde. Deswegen wird ein Mensch, der gewisse Vorstellungen und Erwartungen vom Leben hat, niemals so tief blicken können wie ein Mensch, der nichts mehr vom Leben haben will. Gerade in Momenten, in denen Menschen sich komplett aufgeben, können sie eine Art Erleuchtungerlebnis haben, weil sie dann das Habenwollen loslassen und komplett entfasziniert sind. Dieser Zustand öffnet Tore der Erkenntnis. Drogen braucht es nicht. Allerdings ist niemand, der hier in der Welt herumspringt, dauerhaft und vollständig entfasziniert, weil Lebendigkeit sich immer wieder positiv oder negativ verankern muss,
um ihren Atem erhalten zu können.
Teil 4
Esther @LichtdesPhoenix