Dritte Sitzung des Corona-Untersuchungsausschusses im Sächsischen Landtag, zweite Anhörung des Tages: Prof. Dr. Alexander S. Kekulé
Prof. Kekulé begann seine Ausführungen mit einem Einführungsvortrag, der etwa 90 Minuten dauerte – wie die Abgeordneten später in der Fragerunde feststellten, sei dies „ungewöhnlich lang“ gewesen, aber da es sehr interessant gewesen sei, seien sie nun alle schlauer. Im Folgenden eine Zusammenfassung von Kekulés Standpunkten.
Die deutsche Pandemiebilanz
In der Bilanz befinde sich Deutschland im unteren Mittelfeld, was die Schäden durch die Pandemie und Maßnahmen anbelange. Die Übersterblichkeit in Schweden sei besser gewesen als in Deutschland, aber in der ersten Welle hätte man die Alten besser schützen müssen. In Schweden hätten die Bürger freiwillig ihre Mobilität eingeschränkt und freiwillig Masken getragen. In Kekulés Augen wäre auch Deutschland „klug genug“ gewesen, so eine "Schwarmresilienz" aufzubauen.
In Deutschland habe es erhebliche Freiheitsbeschränkungen gegeben, und damit einhergehend eine hohe Zahl sekundärer Kollateralschäden und einen hohen wirtschaftlichen Schaden durch die Maßnahmen. Zusammenfassend bezeichnete es Kekulé als einen „großen Aufwand für zu wenig Schutz“.
Die Entstehung von SARS-COV-2
Kekulé stellte die Zoonose- und Labortheorie vor, und fügte hinzu, er halte die GoF-Hypothese insgesamt für interessant, aber ohne Beweise könne man es den Chinesen ohnehin nicht vorwerfen. Wo das Virus genau hergekommen sei, sei Ex Post eigentlich keine wichtige Frage mehr.
Wie gefährlich war das SARS-COV-2-Virus?
Laut Kekulé sei das Coronavirus am Anfang ein wirklich gefährliches Virus gewesen: Es habe einen Zytokinsturm ausgelöst, innere Organe seien betroffen gewesen. In China hätten die Fallzahlen inoffiziell wahrscheinlich sehr viel höher gelegen, als offiziell zugegeben worden sei.
Im zeitlichen Verlauf hätte sich die Infektiosität des Virus immer mehr gesteigert, aber die Virulenz hätte abgenommen. Gleichzeitig hätte die Immunflucht zugenommen – war man anfangs mit einer Genesung noch relativ gut geschützt gegen eine Reinfektion, sei dies bei späteren Varianten nicht mehr der Fall gewesen.
Kekulé stellte eine Übersicht der Varianten-Evolution des Coronavirus vor und erläuterte, das erste Wuhanvirus, quasi der Urtyp, die sogenannte Klade B, sei noch nicht ansteckend genug gewesen für eine globale Verbreitung. Das wirklich pandemiefähige Virus sei B.1 gewesen, das in Italien entstanden sei. Delta sei stärker aerogen (luftübertragbar) gewesen als der Urtyp, und Omikron noch stärker aerogen. Die Immunität in der Bevölkerung hätte zugenommen, durch Infektion oder Impfung – das habe die Risikopopulation verkleinert. Die Gefährdungslage hätte sich im Zeitverlauf verändert, aber auch heute noch gebe es Menschen, die an SARS-COV-2 versterben würden.
Das Virus hätte anfangs große Ähnlichkeit zu SARS1 aufgewiesen. Die Fallsterblichkeitsrate in Wuhan hätte bei zwei bis vier Prozent gelegen, und es war damals zu vermuten, dass keine oder nur geringe Kreuzimmunität in der Bevölkerung vorliegen würde. Die Risikogruppe sei unbekannt gewesen, und das deutsche Gesundheitssystem, sowie die Bevölkerung, seien nicht gut vorbereitet gewesen. Das Virus sei anfangs weniger ansteckend gewesen als die Influenza. Laut Kekulé hätte man am Anfang noch sehr viel machen können, um Zeit zu gewinnen.
Anfangsphase, Risikobewertung und Lockdown
Zum Thema Lockdown traf Kekulé ambivalente Aussagen. Er meinte zum einen, der China-Lockdown sei völlig sinnlos gewesen. An anderer Stelle sagte er jedoch, Lockdowns und Kontaktbeschränkungen hätten eine starke epidemiologische Wirkung, aber eben auch schwere Nebenwirkungen.