Wie die Gewerkschaft Verdi dem Staat hilft, unliebsamen Journalismus zu behindern
In Deutschland (und der gesamten EU) benötigen Journalisten einen anerkannten Presseausweis, um für ihren Job notwendige Auskunfts- und Zugangsrechte zu erhalten. In D. gibt es sechs Verbände, die einen solchen anerkannten Ausweis ausstellen dürfen, darunter die Deutsche Journalistenunion (DJU) von Verdi.
Doch um einen solchen Ausweis zu erhalten, muss man in Deutschland für ein erwünschtes Medium arbeiten - dies in Vollzeit und für ein "existenzsicherndes Einkommen". Das ist es, was zählt, nicht etwa die journalistische Qualität.
Über die junge Welt hatte ich 12 Jahre lang einen Presseausweis erhalten. Zwei weitere Jahre liefen meine Anträge wohl noch so durch und Verdi stellte mir einen aus. Nun ist Schluss damit, denn wie ihr wisst, arbeite ich für ein verbotenes Medium. Was ja nichts an der journalistischen Arbeit ändert.
Deswegen hatte ich nun eine "Auseinandersetzung" mit Verdi, welche aber seitens der Gewerkschaft nicht ehrlich geführt wurde. Anstatt mir einfach mitzuteilen, dass man mir aufgrund des unliebsamen Mediums keinen Presseausweis ausstellt, geschah etwas anderes:
Trotz Nachweise deklarierte Verdi einen erheblichen Teil meiner Einkünfte einfach mal ganz willkürlich mit "Herkunft unbekannt" und rechnete sie heraus. Die Ablehnung begründete die Gewerkschaft dann damit, dass ich nicht genügend Einkünfte mit meiner Arbeit erzielen würde, um existenzsichernd davon leben zu können. Dies sei jedoch Bedingung für diesen Ausweis.
Das ist freilich Humbug, zumal RT DE besser bezahlt, als die jW - die vermutlich nur deshalb noch mit Presseausweisen "beglückt" wird, weil sie regelmäßig einen Haustarifvertrag mit Verdi aushandelt, also dort organisiert ist.
Hier wird die real geschaffene Presseunfreiheit in Deutschland sichtbar: Die ausstellenden Stellen wie Verdi sollen sich sogar am Einkommen orientieren. Es geht also nicht um die Freiheit der journalistischen Arbeit an sich, sondern nur um die Freiheit für ab einer bestimmten Höhe bezahlten Arbeit, die überdies noch in Vollzeit erfolgen soll.
Mit anderen Worten: Freie Journalisten, die für weniger üppiges Zeilenhonorar arbeiten oder zwischendurch einfach mal weniger Aufträge von Medien erhalten - wovon es Tausende in Deutschland sogar bei Tageszeitungen gibt - bekommen keinen Presseausweis, werden also systematisch an ihrer Arbeit behindert. Man muss also für größere Medien/Verlage arbeiten, die auch ordentlich bezahlen können - und als konform gelten.
So werden neue Medienprojekte und freie Journalisten systematisch an ihrer Arbeit behindert. Wer einen Presseausweis erhalten will, ist praktisch gezwungen, sich "anerkannten" größeren Medienunternehmen zu unterwerfen. Das entspricht natürlich nicht dem Wesen von Journalismus und schon gar nicht der stets großspurig verkündeten Pressefreiheit.
Aber zurück zu mir: Tatsächlich also ist mein Einkommen höher als zuvor bei der jW, zumal ich auch einige weitere Einkünfte von anderen (unliebsamen) Medien vorgewiesen habe.
Aber um nicht den wirklichen Grund für die Ablehnung nennen zu müssen, nämlich das unerwünschte Medium selbst, rechnete Verdi, wie gesagt, einfach mal einen erheblichen Teil dieser Einkünfte heraus, indem es diese trotz Belegen mit "Herkunft unbekannt" deklarierte. Um dann zu behaupten, man lehne den Ausweis ab, weil mein Einkommen zu gering sei und die (fragwürdige) Grundbedingungen, nämlich Vollzeittätigkeit und Existenzsicherung, nicht erfülle.
Das ist nicht nur ein Ausbremsen von unliebsamem Journalismus, sondern überdies sehr unehrlich und feige. Verdi hätte mir einfach das ganze bescheuerte Prozedere ersparen und mitteilen können, dass ich für das "falsche" Medium arbeite. Darum geht es und nicht um angebliche Qualität und Standards, wie bei einem Blick in die deutschen Leitmedien leicht erkennbar ist.