In meiner Küche lebt seit ein paar Tagen eine Ameisenkolonie. Sie kamen quasi aus dem Nichts und haben die Spüle geentert. Ich hab alle Ecken abgesucht und vorhandene Lücken verstopft, es nützt nichts. Sie sind extrem hartnäckig, finden immer wieder einen Weg, den ich nicht sehen kann und wuseln emsig weiter.
Wir leben mittlerweile in halbwegs friedlicher Ko-existenz. Und während ich sie beobachte, drängt sich mir die Frage auf, was sie hier wollen. Was veranlasst ein ganzes Volk dazu, statt der Freiheit, die sie draußen haben könnten, einen Ort zu wählen, der ihnen, zumindest in meinen Augen, so gar nichts bringt? Und der sie sogar das Leben kosten kann, denn an der Spüle ist es ja nicht gerade ungefährlich.
Gäbe es dort etwas als Anreiz, Futter zb, könnte ich ihre Ansiedelei noch nachvollziehen. Aber gerade da ist es blitzsauber, weil ich seit einiger Zeit gezwungen bin von Hand zu spülen. Meine Spülmaschine hatte sich nämlich kurzerhand mit dem Trockner verbündet und gab mit ihm gemeinsam den Geist auf.
Ob wohl ein Zusammenhang besteht? Insofern dass, wenn die Technik aufgibt, die Natur wieder beginnt, sich den Raum zurück zu erobern? Auch dann wenn es zunächst Opfer erfordert?
Meinem Empfinden nach wäre das sowieso das Beste was passieren könnte. Nein, ich meine keine Opfer, wobei es ganz ohne wohl auch nicht gehen wird... Aber mir gibt es schon lange von allem Unnützen viel zuviel. Zuviel Angebot, zuviel Produktion. Wir produzieren uns schier zu Tode und ertrinken dabei im Überfluss der Unnützigkeiten.
Wer braucht denn soviel Auswahl wie wir hier haben, die zig verschiedenen Waren mit dem stets gleichen Inhalt? Wie kann man sich als fortschrittlich bezeichnen, wenn man mit kurzlebigem Ramsch alles zumüllt und somit null Substanz erschafft, die weder Werte für die Zukunft beinhaltet noch bereitet?
Und fällt mal was davon weg wird gejammert. Auch wenns sonst mit der zwischenmenschlichen Vereinigung nicht so klappt, dabei tun sich Menschen besonders gern zusammen. Was irgendwie auch kein Wunder ist, wenns soviel überflüssigen Füllstoff gibt, der hungernde Seelen ja gar nicht satt machen kann. Wir sind, paradoxerweise, eine Gesellschaft die im Mangel lebt.
Dabei schau ich wieder auf meine Ameisen. Ich bewundere die mutigen, kleinen Krabbler, auch wenn sie mir gerade extrem lästig sind. Sie haben alles was sie brauchen, weil sie sich haben. Sie scheinen nicht an ihrer Wahl zu zweifeln und egal was ich unternehme, sie bleiben. Und trotz einiger Verluste sind sie dennoch so stark, dass sie sich nicht unterkriegen lassen.
Vielleicht braucht es ja für uns den Zusammenbruch...
Damit wir das auch wieder mehr in uns wieder finden. Wir uns wieder aufs Wesentliche, die Gemeinschaft, besinnen.
Eventuell stellen wir ja dann fest, dass es gar nicht soviel von allem möglichen Mist brauchte, weil wir dafür wieder mehr von dem haben, was uns wirklich gut tut. Und dann gibt es auch weniger Grund für Gejammer.
Und, auch nur vielleicht, ist ja die ultimativste Entscheidung die wir als Menschen treffen können, die, wieder im Verbund leben zu wollen. Weil wir da stark sind und uns so gegenseitig unterstützen können, dass es keinen Mangel mehr gibt.
Womöglich ist die Freiheit, nach der wir uns als Individuen sehnen, dann gar nicht mehr so essentiell und das Streben, in welchem Bereich auch immer, hört auf.
Weil sich Weg und Ziel
gefunden haben.
@Mein_Sein 🗝️