In der heutigen Gesellschaft besteht ein höchst merkwürdiges Paradoxon fort - eine unausgesprochene und doch allgegenwärtige Skepsis gegenüber der Einsamkeit, als ob die Heiligkeit der eigenen Anwesenheit eher ein Irrtum als ein Gebot wäre. Die Welt, die stets bestrebt ist, kommerziellen Aktivitäten, Geselligkeit und kultivierten Äußerlichkeiten Legitimität zu verleihen, schreckt vor der Vorstellung zurück, dass man sich in den souveränen Raum der selbst auferlegten Stille zurückzieht. Die Zeit, die man dem beruflichen Diskurs, der Verschönerung des Körpers und dem Theater sozialer Verstrickungen widmet, wird ohne Zögern akzeptiert. Doch die Aussage „Ich muss allein sein“ wird mit gerunzelten Brauen quittiert, als wäre Einsamkeit eine Pflichtverletzung, ein Verstoß gegen die gemeinschaftliche Ordnung.
Dieses Unbehagen gegenüber der Einsamkeit verrät eine Zivilisation, die sich dem inneren Heiligtum der menschlichen Existenz zutiefst entfremdet hat. Wir leben in einem Zeitalter, das die Bewegung preist und die Stille verachtet, das das Spektakel der Verbindung verehrt, aber der stillen Gemeinschaft der Seele mit sich selbst misstraut. In dieser Verzerrung wird die Einsamkeit an den Rand gedrängt, eine Sache, die entschuldigt, verschleiert oder mit Rechtfertigungen geschmückt werden muss, die sie einer Gesellschaft schmackhaft machen, der die Selbstbeobachtung unangenehm ist.
Und doch, welche Kunst, welche Offenbarung, welche Metamorphose ist jemals aus dem unaufhörlichen Lärm der Welt hervorgegangen? In der Kathedrale der Einsamkeit befreit sich der Geist vom Weltlichen und erhebt sich in die himmlischen Höhen der Schöpfung. Ein Künstler zieht sich nicht ins Exil zurück, sondern begibt sich auf eine heilige Pilgerreise in die Tiefen der Vision. Ein Schriftsteller beugt sich der Einsamkeit, wie ein Gelehrter sich der Schrift beugt, indem er das Gewebe des Denkens immer wieder neu verwebt, bis der Sinn offenbar wird. In den stillen Zwischenräumen hört der Musiker das Murmeln eines nicht angeschlagenen Akkords, während der Mystiker in der tiefen Stille der Einsamkeit in der grenzenlosen Unendlichkeit des Göttlichen aufgeht.
Die Einsamkeit abzulehnen bedeutet, sich vom Fundament des eigenen Seins zu trennen, die Alchemie der Selbsterkenntnis zugunsten des betäubenden Brummens der ständigen Ablenkung aufzugeben. Doch die Einsamkeit ist kein Ablass; sie ist der Schmelztiegel, in dem das Selbst geformt wird, die Kammer, in der die Seele den Atem ihrer eigenen Tiefe einatmet. Sie ohne Entschuldigung oder Kunstgriffe in Anspruch zu nehmen, ist nicht nur ein Akt des Trotzes, sondern eine souveräne Rückgewinnung - eine Erklärung, dass die eigene Präsenz, ungeschminkt und ohne Begleitung, selbst genug ist.
(Katie Kamara)