Frederick Leboyer bezeichnete die Geburt als die „Vertreibung aus dem Paradies“.
Wenn wir uns das bildlich vorstellen, erkennen wir die große Aussagekraft dieses Zitats.
Beschützt im Mutterleib, in Schwerelosigkeit aufwachsend, kontinuierlich versorgt über die Nabelschnur, im warmen Fruchtwasser schwimmend, zwischen den Welten schwebend, sich durch einen Hormoncocktail aus der Zirbeldrüse in einem Bewusstseinszustand höchster Glückseligkeit befindend, ändert sich mit der Geburt schlagartig alles für das Baby.
Während der Geburt ist das Kind denselben Geburtskräften ausgesetzt, wie die Mutter.
Solange die Fruchtblase noch intakt und das Baby durch das umgebende Fruchtwasser geschützt ist, spürt das Baby die Wehentätigkeit anfangs als Druck, später, vor allem wenn die Fruchtblase gesprungen ist, auch als Schmerz.
Um diese Schmerzempfindungen zu dämpfen, schüttet die kindliche Zirbeldrüse nun die höchste Konzentration an DMT aus. Diese ist am stärksten zum Zeitpunkt unserer Geburt und des Todes.
Nicht wenige Menschen versuchen diesem Zustand durch die Einnahme von Ayahuasca, LSD und anderen bewusstseinserweiternden Substanzen nahe zu kommen und sich in einen ähnlichen Zustand zu versetzen.
Nach der Geburt des Kindes kommt es zu weitreichenden Veränderungen im Körper des Babys.
Zunächst erfährt es eine enorme Temperaturumstellung. Zuvor verbrachte es viele Wochen im 37°C warmen Fruchtwasser. Die Temperaturregulation gelingt am Besten auf Mamas Brust (nach Kaiserschnitt auf Papas Brust) bedeckt mit warmen Tüchern, geflutet von Oxytocin. Durch die Öffnung und Entfaltung der Lungen und der damit einhergehend hohen Sauerstoffkonzentration kommt es zu weitreichenden Umstellungen des Kreislaufs des Babys.
Je länger mit dem Abnabeln des Kindes gewartet wird, desto schonender geht dieser Prozess vonstatten.
Mit der Durchblutung der Lunge ist nun der Gasaustausch möglich.
Auch der Darm nimmt seine Funktion auf und füllt sich in sehr kurzer Zeit mit Luft. Gleichzeitig setzt die Besiedlung mit Darmbakterien ein, sodass bald die Verdauung der Muttermilch möglich wird.
Im Magen des Babys ist normalerweise etwas Fruchtwasser enthalten, das relativ viel Zucker enthält und die „erste Nahrung“ des Kindes darstellt. Ist dieser Rest Fruchtwasser aufgebraucht, beginnt das Baby mehr und mehr Hunger zu verspüren. Das ist ein sehr mächtiges und angstmachendes Gefühl für das Kind, was es bis dahin nicht kannte und große Not auslöst. Darauf kann es nur mit Suchen und Weinen reagieren, hoffend, dass dieses unangenehme Gefühl durch das Saugen an der Brust nachlässt. Der Stillstart gelingt am Besten, wenn Mutter und Kind wirklich ungestört bleiben und es keine Manipulationen am Geburtsverlauf gab. Die Gabe von Schmerzmitteln, Wehenmitteln oder andere Eingriffe unter der Geburt behindern diesen Prozess.
Plötzlich spürt das Baby auch, wie es ist auf der Seite oder dem Rücken zu liegen. Da ist auf einmal eine harte Unterlage. Darauf zu liegen, fühlt sich unangenehm bis schmerzhaft an. Kein Wunder also, wenn das Baby seine Zeit am liebsten auf Mamas weichem warmem Körper verbringt. Sanft wurde das Baby bei den Bewegungen seiner Mutter in den Monaten vor der Geburt hin und her gewogen.
Spür mal in dich hinein, welches wohlige Gefühl dich durchströmt, so wunderbar geborgen zu sein.
Es ist die Aufgabe der Eltern, diesen Zustand in den Wochen nach der Geburt ein Stück weit zu ersetzen und ihrem Baby einen guten Übergang vom Leben in der Gebärmutter in unsere Welt zu bereiten. Die Bedürfnisse des Babys zu spüren, zu erkennen und zu beantworten, bedarf es einerseits mütterlicher Intuition - die bereits vorhanden ist, andererseits elterlicher Kompetenz, die es zu erlernen gilt.
✨@hebammekerstinpatzig✨