Der Fall Caesare - frühkindliche Atemausfälle & Herzstillstände
Merkt denn ein Kind, kaum geboren, wirklich schon, ob es in seinem So-Sein anerkannt wird oder nicht? Kann ein neugeborenes Kind tatsächlich schon darauf reagieren?
Nun, wir haben sehr viele klinische Studien darüber, wie Kinder in den ersten Tagen, in den ersten Wochen ihres Lebens reagieren...
In meiner Studie über den plötzlichen Kindstod zitiere ich eine sehr interessante Arbeit von Professor Jochen Stork aus München. Er arbeitete mit einem Kind namens Caesare, das vom Plötzlichen Kindstod bedroht war. Das Kind war dauernd körperlichen Attacken ausgesetzt, es litt unter Atemausfall und Herzstillstand.
Stork bat die Eltern zu Gesprächen. In der ersten Sitzung wurde etwas klar gesagt, das nie zuvor ausgedrückt worden war, nämlich, dass die Mutter mit ihrem Bild, das sie von diesem Kind hatte, in großem Konflikt war. Es entsprach nicht ihren Wünschen, wie ein Kind aussehen sollte. Sowieso hätte sie viel lieber ein Mädchen gehabt. Stork sprach ganz direkt mit dem Kind über diese Gefühle.
Er sprach mit dem sechs Monate alten Kind?
Ja, wirklich. Die Mutter kam mit dem Kind in das Zimmer. Eine Weile spielte es auf dem Knie der Mutter, dann nahm er es und sagte dem Kind, was er empfand über diese Zusammenkunft mit der Mutter, mit dem Kind selbst und mit dem Vater des Kindes. Er sprach das Kind direkt und persönlich an. Professor Stork schilderte dem Kind seine Beobachtungen. Wie es war, als er mit der Mutter sprach, die das Kind auf ihren Knien hielt. Er sprach über alles, was er gesehen und empfunden hatte, und er sagte, dass dieses sechs Monate alte Baby mit seinen dunklen Augen ihn von Zeit zu Zeit mit wacher Aufmerksamkeit anschaute.
Wenn Stork über die Beziehung der Mutter zu ihrem Kind sprach, nahm er bei dem Baby einen zögernden Blick voller Ängstlichkeit wahr, mit dem es kurz den Vater streifte. Stork sah, dass das Baby zugleich erschreckt und wie ein „schreckenerregender Dämon“ aussah. Und dann machte er es darauf aufmerksam, dass die Mutter ihn in einer sehr wackligen Position hielt, sie hielt ihn eigentlich gar nicht. Er hätte ganz leicht herunterfallen können. Das hat etwas mit der Ablehnung seitens der Mutter zu tun, mit ihrem Konflikt mit ihrem Kind. Auch erzählte Stork dem Kind von seinen ängstlich dreinschauenden Augen und dunklen Haaren, die sich die Mutter ganz anders gewünscht hätte. Und dass es für die Mutter sehr arg sei, dass er nicht so aussehe, wie die Mutter sich ihn vorgestellt hatte.
Stork schildert weiter, wie das Kind in dem Moment zum Vater schaut, wie es seinen Blick sucht. Er erzählt dem Kind auch, dass es so aussehe wie sein Vater. Er habe dieselben dunklen Augen und Haare, und eigentlich sei er ganz der Vater. Er spricht darüber ganz positiv. Das sind die Dinge, die er dem Baby sagt. KURZ UND GUT: STORK SPRICHT DIE WAHRHEIT VOR DEM KIND AUS.
Offen und schonungslos in das Gesicht eines sechs Monate alten Babys.
Ja. Wir denken immer, wir müssen alle beschützen. Und das Beschützen ist das, was uns kaputt macht. Nach dieser ersten Sitzung, in der die erlebten Gefühle mit diesem sechs Monate alten Kind ausgesprochen wurden, änderte sich Ceasares Symptomatik. Seine Schlafstörungen besserten sich, die Anfälle von Atemausfall und Herzstillstand blieben - mit einer Ausnahme nach der 13. von insgesamt ungefähr 32 Sitzungen - völlig aus...
Ceasares Geschichte macht deutlich, dass die fehlende Anerkennung der Emotionen und Wahrnehmungen eines Kindes, die Verletzung seiner Grenzen, einer Verleugnung seines Seins gleichkommt. Sie stellt nicht nur das Selbst des Kindes in den Hintergrund, sondern erstickt auch seine aufkommenden aggressiven Reaktionen auf diese Grenzverletzungen. Die Aggression hatte sich in dem Fall nach innen gewendet.
Die erste therapeutische Sitzung, die ich eben beschrieben habe, führte nachweislich zu einer Entspannung innerhalb der Familie, weshalb Ceasare auch zum erstenmal seine Wut nach außen lenken konnte. (ausgewählte Zitate von S.15-18, "Hass in der Seele", Arno Gruen)
@VerschuetteteHeilkunst