MEINE GRUPPE WAR DABEI...
Stalingrad-Kämpfer erzählen (Teil 1 von 3)
Unteroffizier Hans U., ein Oberbayer, Inhaber der beiden Eisernen Kreuze. berichtet:
"Als es uns bereits bekannt war, dass die Armee eingeschlossen war, befand ich mich mit meiner Gruppe im nördlichsten Stadtteil Stalingrads, in den Trümmern des Traktorenwerkes Dshershinski. Von dem Werk allerdings war nicht mehr übrig als Mauerreste und verbogene Eisenträger. Die Sowjets hatten bei uns noch keinen stärkeren Angriff versucht. Da kamen aber eines Tages drei vorgeschobene Beobachter zu uns, von denen zwei verwundet waren, und mahnten uns zur Vorsicht, denn der Feind setze zum Angriff an. Der Zug, zu dem meine Gruppe gehörte, war zum Teil mit Männern aus dem Tross aufgefüllt worden, für die der bevorstehende Angriff der erste Einsatz bedeutete. Ein Schützenzug hatte vor uns zu sichern. Er marschierte, da bisher von dem sowjetischen Druck bei uns nichts zu merken gewesen war, ganz gemütlich vorwärts, bis plötzlich vor ihm ein sowjetischer Offizier winkte. Im ersten Augenblick hielten die Schützen ihn für einen Melder, dann aber erhielten sie äußerst starkes Feuer. Ich schickte Melder zum Kompaniegefechtsstand, um den Kompanieführer über die Lage zu informieren. Der erste Melder kam verwundet zurück, von dem zweiten sah ich niemals etwas wieder. Der Melder des Schützenzuges jedoch war anscheinend durchgekommen, denn gegen Mittag wurde ein Gegenstoß mit zwei Panzern und einem Sturmgeschütz unternommen.
Von drei Uhr an ging der Feind zurück, und wir konnten eine Riegelstellung besetzen. Eine Gruppe von 150 Mann hatten wir sogar eingeschlossen, die nach Einbruch der Dämmerung unter einem furchtbaren Hurra einen Ausfall versuchte, der jedoch trotz des Geschreis kläglich misslang. Bald danach aber erschienen die Sowjets in Stärke von zwei Bataillonen, um unsere Riegelstellung einzudrücken. Das Sturmgeschütz kämpfte ganz hervorragend und jagte zum Beispiel einen sowjetischen Panzer trotz ungünstigen Geländes über die Rüben, bis er zusammengeschossen liegen blieb. In der gleichen Nacht wurde ich abgelöst und kam zum Regimentsgefechtsstand, und in diesem Abschnitt blieb es einigermaßen ruhig.
Unsere Verpflegung war nach der Einschließung natürlich rationiert worden. Brot war sehr knapp, und Pferdefleisch bildete unsere Hauptnahrung. Verpflegungsbomben versorgten uns mit dem Allernötigsten und vor allem auch mit Munition. Leider gingen viele Bomben beim Aufprall zu Bruch, da der Boden steinhart gefroren war.
Von nun ab versuchte der Feind, jeden Morgen und jeden Abend in der Dämmerung anzugreifen. Der Feind lag uns zum Teil nur zwanzig Meter gegenüber. Trotzdem setzte er Granatwerfer, Pak und Panzerbüchsen ein. Ich brauche wohl nicht zu erzählen, wie sich ein Kampf mit solchen Waffen auf eine so kurze Entfernung abspielt und welche Anforderungen an unsere Männer gestellt wurden. Am 30. Dezember wurde ich wieder in der Nähe von Spartakowka und zwar am Orlowka-Bach, eingesetzt. Hier wurde ein Angriff erwartet, der auch tatsächlich kam, als wir in Trümmern eines Hauses unsere notdürftige Stellung bezogen hatten. Anscheinend hatten die Sowjets die Ablösung bemerkt. Wir lagen in schnell ausgehobenen Erdlöchern ohne Verbindungsgräben, hinter Steinbrocken usw. Der Angriff der Sowjets misslang diesmal, wir konnten sie in die Zange nehmen und restlos fertig machen. Obwohl die Menge der Angreifer beim Angriff selbst schwer übersehbar war, konnten wir nach der Abwehr an den Leichen, die sich buchstäblich zu Bergen türmten, erkennen, wie stark die Überlegenheit des Feindes an Menschen war, mit der wir zu kämpfen hatten. In meiner Stellung hatte ich einen leichten Granatwerfer gefunden, mit dem ich jedoch nicht umzugehen verstand. Eine Granate steckte noch im Rohr. Ich drehte sozusagen auf gut Glück an der Visiereinrichtung, drückte auf den Abzug, und die Granate brauste los. Tatsächlich hatte ich Glück, denn die Granate schlug unmittelbar vor einem schweren sowjetischen Maschinengewehr ein. Wir konnten unsere Stellung halten, bis ich ausgeflogen wurde."